Die Skandale der Europa-Spitzenkandidaten Bystron und Krah stehen für ein grundsätzliches Problem der AfD: Antiamerikanismus und Nähe zu Moskau und Peking.

In ihrem Wahlkampf für die Europawahl am 9. Juni hat die AfD auf den ersten Blick mit zwei Skandalen zu kämpfen, die an Personen gebunden sind. Ihren Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron werden schwere Vorwürfe gemacht.

Krahs direkter Mitarbeiter wurde wegen Spionage für China festgenommen. Bystron soll fünfstellige Beträge aus Russland angenommen und prorussische Propaganda verbreitet haben.

Die beiden Affären stehen jedoch für ein grundsätzliches Problem: die außenpolitischen Positionen der AfD. Die lassen sich in drei Begriffen zusammenfassen: Antiamerikanismus, Nähe zu Russland, Verständnis für China.

  • „Die Spione in den Reihen der AfD sind willige Gehilfen bei dem Versuch der Autokraten, die deutsche und europäische Demokratie zu untergraben.“ Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler und Publizist

In Anlehnung an ein Zitat des CDU-Parteichefs Friedrich Merz, der den Co-Vorsitzenden der AfD, Tino Chrupalla, einen „nützlichen Idioten“ Putins genannt hatte, erweisen sich nun die AfD-Kandidaten für die Europawahl als „nützliche Idioten Putins und Xis“.

„Die Spione in den Reihen der AfD sind willige Gehilfen bei dem Versuch der Autokraten, die deutsche und europäische Demokratie zu untergraben“, sagt der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. Er publiziert die Monatszeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“.

Für von Lucke klingen Krahs Beteuerungen, er habe von den Spionagevorwürfen gegen seinen Mitarbeiter nichts gewusst, „nicht sehr glaubwürdig. Entweder war es Komplizenschaft oder nicht zu entschuldigende Fahrlässigkeit.“

Gauland: Bismarcks Allianz wiederbeleben

Die außenpolitischen Grundorientierungen der AfD lassen sich aus den Äußerungen ihrer Spitzenleute ableiten. Sowie aus internen Papieren des Arbeitskreises Außenpolitik der AfD-Bundestagsfraktion. Die hatte das Recherche-Netzwerk Correctiv 2022 ausgewertet.

Der frühere Parteivorsitzende Alexander Gauland hatte dazu aufgefordert, Bismarcks Allianzen wiederzubeleben und ungeachtet der Moskauer Hegemonialpolitik ein gutes Verhältnis zu Russland zu suchen. Er äußerte Verständnis für Wladimir Putins „Einsammeln russischer Erde“.

Chrupalla besucht trotz Krim-Annexion Moskau

Tino Chrupalla reiste 2020 nach Moskau und widersetzte sich der Regierungslinie, dass deutsche Politiker solche „normalen“ Kontakte nach der Annexion der Krim unterlassen sollten. AfD-Abgeordnete gaben sich wiederholt als Wahlbeobachter her, die Russland eine gute Organisation und einen problemlosen Verlauf bescheinigten.

Dass Putins autoritäres Regime Dissidenten im Westen ermorden lässt, auch in Berlin beim Tiergarten-Mord, ignorieren AfD-Vertreter. Sie sind zumeist nicht bereit, Putins Krieg gegen die Ukraine als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg einzuordnen und möchten in Putin keinen Kriegsverbrecher sehen. Die AfD tritt als „Friedenspartei“ auf, die das Gespräch mit Moskau suche.

Für Björn Höcke, den AfD-Spitzenkandidaten in Thüringen, verteidigt sich Russland in der Ukraine gegen ein Machtstreben der USA. Der russische Präsident Wladimir Putin habe lediglich „nach langem Zögern hart und konsequent auf die Offensive einer fremden Macht reagiert“.

Höcke: USA haben in Europa nichts zu suchen

In einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2022 in Gera nannte Höcke die USA eine „raumfremde Macht“ in Europa. Im Krieg in der Ukraine würde er sich und Deutschland auf die Seite des „Ostens“, also Russlands, stellen.

Mit Blick auf China sieht die AfD die Schuld für die Spannungen um Taiwan ebenfalls bei den USA. Und nicht in Pekings Drohungen, die demokratische Insel gewaltsam in die Volksrepublik einzugliedern. Arbeitspapiere der AfD fordern „eine realpolitische, friedfertige und eigenständige deutsche Chinapolitik“. 

Über das Verhältnis zu Peking solle Deutschland eigenständig entscheiden. Und „seine Interessen unabhängig von der Nato und EU aktiv durchzusetzen“.

Menschenrechte in China sind kein Thema der AfD

Die AfD betrachtet China und die USA als gleichwertige Partner für Deutschland. Sie will „ein Gleichgewicht zwischen den Beziehungen zu den USA und China“ herstellen. Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in China stört da nur und ist von der AfD nicht zu hören.

Die Zuneigung der AfD zu Diktaturen schließt auch den Iran ein. Ihr Bundestagsabgeordneter Roger Beckamp wirbt für eine freundliche Politik gegenüber dem Mullah-Regime in Teheran.

Die BundestagsabgeordneteJoana Cotar trat 2022wegen der „Anbiederung an die diktatorischen und menschenverachtenden Regime in Russland, China und jetzt auch den Iran“ aus der AfD aus.

Von Christoph von Marschall

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