Aus russischer Perspektive ist die Welt eine andere. Der Krieg in der Ukraine ? „Gegen uns wird ein Krieg geführt und wir sind gezwungen, zu reagieren“, sagt Sergei Karaganov, Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Außenpolitik und Verteidigung. „Wir kämpfen nicht gegen die Ukraine, wir kämpfen gegen die Nato. Und gegen den Westen. Und wir werden siegen.“

Markige Worte, die man abtun kann als Altherren-Prahlerei, als einen Versuch, dem russischen Angriff auf die Ukraine eine größere Bedeutung und ein wohlfeiles Narrativ zu verleihen – und weitere Vorgehen gegen Nato-Mitglieder präventiv zu rechtfertigen: Die Nato sei „ein Bündnis von Aggressoren“, sagt Karagov. Und gegen die müsse Russland sich eben wehren, notfalls auf ukrainischem Boden: „Jetzt bestrafen wir diese Banditenorganisation. Wir erlauben ihr nicht mehr, ihren Kontrollbereich auszuweiten.“

Dass die politische Riege in Russland so denkt oder zumindest diese Denke verbreitet, ist schlimm genug. Doch noch fataler ist, dass sich mit China und dem Iran zwei weitere autokratische Staaten gegen den Westen positionieren. Man sei sich einig in dem Bemühen, „eine wirtschaftlich stabilere und gerechtere Welt aufzubauen“, verkündet Karaganov völlig ironiefrei.

Hass auf die USA hält das fatale Trio zusammen

Der Krieg in der Ukraine habe diese unselige Allianz ans Licht gebracht, postuliert die Arte-Doku „Russland, China, Iran: Front gegen den Westen“ (abrufbar bis 27. Juni in der Mediathek). Die politischen Experten, die darin zu Wort kommen, sind sich einig: Die Wirtschaftsmacht Chinas, die militärische Skrupellosigkeit Russlands und der religiöse Fanatismus Irans ergeben in Summe eine für den Westen höchst problematische Mischung.

Seit 2023 ist auch der Iran Teil der 2001 gegründeten Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), der neben Russland und China außerdem Länder wie Indien, Kirgisien, Kasachstan und Pakistan angehören. Von einem „Eisernen Dreieck“ zwischen Peking, Moskau und Teheran ist die Rede, das den Hass auf die USA als Klammer hat und die geteilte Abneigung gegenüber der demokratischen Idee.

Von einer „Bromance“ zwischen Putin und Xi Jinping spricht die Doku, von einer echten Männerfreundschaft – mit Iran als dem etwas skurrilen Typen, den man aber mitspielen lässt, weil er nützlich sein kann.

Hybride Kriegsführung in vermeintlich friedlichen Zeiten

Der Westen wollte all das lange – zu lange – nicht sehen. Joe Biden, Ende der 1990-er Jahre als Senator unterwegs in Moskau, bezeichnete damals eine russisch-chinesische Annäherung als Unfug. Ein Hochmut, der die westliche Welt womöglich eines Tages teuer zu stehen kommen wird. Oder wie es Putin-Flüsterer Karaganov ausdrückt: „Man kann die intellektuellen Fähigkeiten der amerikanischen Elite nur bedauern.“

Dabei muss es nicht zwingend der bewaffnete Krieg sein. Hackerangriffe, Desinformationskampagnen, Wahlbeeinflussung, Trolls – all diese russischen Bemühungen haben nur das eine Ziel, Chaos zu stiften in den westlichen Ländern und die Demokratie zu destabilisieren. Schaut man sich die Debatten in sozialen Medien an oder blickt in diverse Telegram-Kanäle, sieht man schnell, wie erfolgreich diese spaltenden Maßnahmen bereits sind.

Ist Schweden das nächste Ziel Russlands?

2023 haben die CIA und andere westliche Geheimdienste die Regime von Russland, China und dem Iran an die Spitze der größten Bedrohungen der westlichen Welt gesetzt. Schweden stehe ganz oben auf der russischen Liste von potenziellen Angriffszielen, vermeldet die Doku. Die Koranverbrennungen in Stockholm 2023, hinter denen sehr wahrscheinlich Russland steckt, zielen darauf ab, in islamischen Ländern Stimmung zu machen gegen das skandinavische Land und die Nato zu spalten. Der Krieg beginnt heutzutage deutlich vor dem offiziellen Kriegsbeginn.

Wer immer noch glaubt, dass Russland gute Absichten hegt, sollte noch ein wenig Sergei Karaganov zuhören: „Die Demokratie ist ganz klar eine der schlechtesten Regierungsformen überhaupt“, sagt er lächelnd und kündigt an: „Wir erarbeiten ein neues Konzept der Menschenrechte, das in größtmöglichem Umfang den wahren Bedürfnissen des Menschen und dem neuen Humanismus entsprechen wird.“ Wer angesichts solcher Aussagen keine leichte Gänsehaut bekommt, dem ist nicht mehr zu helfen.

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