Schützen Deutschlands Städte ihre Bürgerinnen und Bürger ausreichend vor den hitzebedingten Folgen des Klimawandels? Nein – das legt zumindest der erste „Hitze-Check“ der Deutschen Umwelthilfe nahe (DUH). Der Auswertung zufolge bestehen lediglich 84 von 190 untersuchten Städten den Check und erhalten eine „Grüne Karte“. Für 82 Kommunen gab es hingegen eine „Gelbe Karte“, 24 Städte erhielten gar die „Rote Karte“.

Grau gegen Grün

Für den „Hitze-Check“ untersuchte ein Potsdamer Planungsbüro im Auftrag der DUH sämtliche deutsche Städte mit mehr als 50.000 Einwohner. Dabei wurde das Verhältnis von Flächenversiegelung zu Grünausstattung betrachtet – also: Wie sehr ist eine Stadt zubetoniert? Und wie viele Bäume und Grünflächen hat sie dafür? Denn je mehr Böden versiegelt sind, desto eher staut sich die Hitze, Grünflächen hingegen sorgen für Abkühlung.

Zu den großen Hitze-Vorbildern gehören nach der Analyse der DUH folgende Städte:

  • Detmold (Nordrhein-Westfalen)
  • Ratingen (NRW)
  • Potsdam (Brandenburg)
  • Jena (Thüringen)

Hier gibt es ein hohes Grünvolumen bei gleichzeitig niedrigem Grad der Versiegelung, heißt es in der Studie. Umgekehrt ist das Verhältnis bei diesen Städten, die im Ranking besonders schlecht abschneiden:

  • Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz)
  • Heilbronn (Baden-Württemberg)
  • Regensburg (Bayern)
  • Worms (Rheinland-Pfalz)
  • Mainz (Rheinland-Pfalz)
  • Ludwigsburg (Baden-Württemberg)
  • Ingolstadt (Bayern)

Dann gibt es noch Sonderfälle wie SIndelfingen (Baden-Württemberg) und Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz), die zwar stark versiegelt sind, aber gleichzeitig viele Grünflächen aufweisen – sie erhalten die „Gelbe Karte“. Pulheim (NRW) und WIlhelmshaven (Niedersachsen) verfügen hingegen über kaum Grünflächen, sind aber nur wenig versiegelt.

„Unsere Städte entwickeln sich in Hitze-Höllen“

„Der anhaltende Trend zu mehr Beton und weniger Grün ist alarmierend“, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Umwelthilfe. „Statt zu lebenswerten Orten der Erholung entwickeln sich unsere Städte in Hitze-Höllen.“ Aktuell würden in Deutschland täglich mehr als 50 Hektar Fläche versiegelt, letztendlich stelle das ein „Gesundheitsrisiko“ dar.

Kommunen und Sozialverbände fordern derweil mehr finanzielle Unterstützung des Bundes für den Hitzeschutz. Die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, Katja Dörner, sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“, es hätten zwar viele Kommunen bereits Hitzeaktionspläne, doch ein solcher Plan bleibe ein „Papiertiger, wenn wir die geplanten Maßnahmen nicht umsetzen können, weil den Kommunen das Geld fehlt“. Allein könnten die Städte die Daueraufgabe Hitzeschutz nicht stemmen. 

„Über das Klimaanpassungsgesetz des Bundes, das seit 1. Juli in Kraft ist, können auch Hitzeschutzmaßnahmen umgesetzt werden“, sagte Dörner. Dafür müssten die Länder das Gesetz jetzt schnell in Landesrecht umsetzen. Das Gesetz verpflichtet sowohl die Länder als auch die Bundesregierung, Klimaanpassungsstrategien zu erarbeiten und diese umzusetzen. 

Klimaanlagen für Sozialeinrichtungen gefordert

Viele Kommunen und Kreise setzten sich mit dem Thema bereits auseinander, sagte die Präsidentin des Sozialverbands VDK, Verena Bentele. Es fehle aber häufig an finanzieller Unterstützung. Konkret müssten vor allem Altersheime, Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser mit Klimaanlagen ausgerüstet werden.

Die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Sabine Bösing, forderte einen Hitzeschutzfonds, damit Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe etwa Sonnencreme, Trinkwasser und Sonnensegel anschaffen könnten.

Der große Ampel-Hitze-Plan

Bundesbauministerin Klara Geywitz will das Problem daher zur Chefsache machen – und Bewohner wie Natur in den Städten besser vor Hitze schützen. Der Klimawandel sei hier in den Sommermonaten deutlich spürbar, sagte die SPD-Politikerin am Montag. „Wer in der Stadt lebt, leidet in Rekordhitzesommern unter tropischen Nächten und schwülen Tagestemperaturen.“ Das sei vor allem für ältere Menschen und kleine Kinder gesundheitlich riskant.

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Das Bundesbauministerium hat deshalb eine Strategie erarbeitet, die Stellschrauben für Stadtplaner und Bauingenieure aufzeigen soll. Empfohlen werden darin zum Beispiel mehr Parks, Straßenbäume und grüne Dächer, die für Abkühlung sorgen. Damit Pflanzen in längeren Trockenperioden nicht vertrocknen, müssten Flächen geschaffen werden, wo Regen versickern kann. 

Damit Spielplätze im Sommer überhaupt nutzbar seien, könnten Sonnensegel helfen. Wohnungslose brauchten mehr Trinkbrunnen und kühle Rückzugsorte. „Wer frisches Geld aus unseren Förderprogrammen will, muss Klimaanpassung mitdenken und nachweisen“, betonte Geywitz zudem. Gefördert werde zum Beispiel, dass Flüsse von Beton befreit sowie betonierte Plätze aufgegraben und begrünt werden.

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