Kohle-Ausstieg in Ostdeutschland: Klimaforscher von AfD-Kohleplan entsetzt: „Ich bin wirklich fassungslos“

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ARD
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Die gigantischen Braunkohlebagger verwandeln ganze Landstriche in Mondlandschaften.

2010 Getty Images/Sean Gallup
Bild 2/2 – Die gigantischen Braunkohlebagger verwandeln ganze Landstriche in Mondlandschaften.



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Montag, 26.08.2024, 21:48

„Wenn wir die Erderwärmung begrenzen wollen, müssen wir schnellstmöglich aus der Kohle“, mahnt der Klimaforscher Mojib Latif in einer neuen ARD-Dokumentation. Die Menschen im Lausitzer Braunkohlerevier sehen das anders.

Politik bedeutet bekanntlich, dass man sich tagtäglich zu Kompromissen durchringen muss. Und: Es müssen auch mal unpopuläre Entscheidungen getroffen werden. Die ARD-Reportage „Panorama: Das Klima im Kohleland“ (abrufbar in der ARD Mediathek) scheut nicht davor zurück, heiße Eisen anzufassen.

Sie blickt auf eine sich Debatte, in der zwei wichtige Politik-Prinzipien ungebremst aufeinander zu krachen drohen: Es geht um die dringlichen Umweltschutzbemühungen im Angesicht der Klimakrise zum einen und um die Sorge vor Arbeitsplatzvernichtung in wirtschaftlich äußerst angespannten Zeiten zum anderen.

 

Heiß her geht es in der Braunkohleregion im Süden Brandenburgs, die unter dem nicht ganz freiwillig vorangetriebenen Strukturwandel ächzt. Im Tagebau Welzow arbeitet derzeit noch Silke Butzlaff. „Die Kohle hat unserer Gesellschaft auch das Leben gebracht. Was funktioniert denn ohne Strom?“, fragt die 57-Jährige im Film. Als Baggerfahrerin ist sie seit über 20 Jahren im Lausitzer Braunkohlerevier tätig. „Wenn im Winter aus der Heizung Wärme kommt, weiß ich, dass ich dafür gearbeitet hab. Das macht mich stolz.“ Dass der Kohleausstieg längst beschlossene Sache ist, schmerzt sie: „Man weiß, dass der Beruf des Bergmanns ausstirbt, das tut weh. Aber wir tragen das auch mit Stolz.“

„Was passiert, wenn keine Sonne ist? Wenn kein Wind ist?“

Die Bundesregierung hat sich allein schon durch das Pariser Klimaschutzabkommen dazu verpflichtet, möglichst rasch die Energiewende in der Region umzusetzen und Kohlebagger auszubremsen – zugunsten etwa von Investitionen in Windkraft. Gleichzeitig fürchten viele Bewohner der Lausitz um ihre Arbeitsplätze, ihre Identität und ihre Zukunftschancen. In einer Kneipe am Rande des Braunkohletagebaus sprechen die Filmemacher mit zwei ehemaligen Tagebau-Arbeitern.

„Mir persönlich macht die Klimakrise nicht Sorge“, sagt Jürgen Tafelski. Angst flöße ihm eher die Energiewende ein: „Was passiert, wenn keine Sonne ist? Wenn kein Wind ist?“ Manfred Gurisch pflichtet ihm bei. „Wir werden irgendwann mal dasitzen und dann geht das Licht aus, weil irgendein Betrieb Strom zieht, weil er irgendwas produzieren muss“, befürchtet er. „Dann reicht es für uns nicht mehr.“

Gurisch selbst habe „40 Jahre Schichten im Tagebau gearbeitet“, erzählt er. „Wenn ich jetzt als Rentner verzichten muss, weil sie den Strom abstellen, dann wird es ärgerlich. Das geht gar nicht. Ich hab meine Kraft dort gelassen und ich will jetzt auch den Strom.“

 

Klimaforscher von AfD-Kohleplan entsetzt: „Ich bin wirklich fassungslos“

Während der von der Bundesregierung bis 2038 geplante Ausstieg aus der Kohle für die Ortsansässigen und Vertreter der Braunkohleindustrie als zu rasch bewertet wird, geht für Klimaforscher wie Mojib Latif alles viel zu langsam, um die Erderwärmung auszubremsen: „Wir müssen die Energiewende beschleunigen, um einen Faktor drei bis vier, damit wir unsere eigenen Klimaziele einhalten“, so die Einschätzung des Forschers.

In der Region steht man dem Kohleausstieg skeptisch gegenüber. Davon profitiert vor allem die AfD, die den Braunkohleabbau als wichtigen Wirtschaftsfaktor beibehalten will und dadurch große Zustimmung von der Bevölkerung erhält. Mojib Latif beunruhigt das zutiefst: „Ich bin wirklich fassungslos, dass solche Menschen, die sich Fakten widersetzen, so einen Zuspruch bekommen.“

Christine Herntier, Bürgermeisterin der Stadt Spremberg, ist die Problematik bewusst. „Bange machen ist das einfachste. Zweifel säen, Ängste verbreiten, sodass man gar nicht den Kopf dafür frei hat, was denn noch werden kann.“ Sie versichert: „Wir werden in der Lausitz auch zukünftig immer Strom haben. Darüber muss sich keiner Sorgen machen.“ Dass man in der Region stolz auf die Kohletradition ist, kann die parteilose Politikerin verstehen. „Ich persönlich wünsche mir, dass das auch so bleibt und dass wir auch auf das Neue so stolz sind.“

Klar ist: So wie es ist, kann es nicht bleiben. Das macht auch Klimaforscher Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel in der Dokumentation deutlich. Denn: „Kohle ist der fossile Energieträger, der pro Energieeinheit am meisten CO2 produziert. Und CO2 heizt die Erdatmosphäre auf.“ Möglichst zügig aus der Kohle auszusteigen, sei daher von „fundamentaler Wichtigkeit“, so Latif in der Doku. „Wenn wir die Erderwärmung begrenzen wollen, müssen wir schnellstmöglich aus der Kohle.“

Teleschau

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