In Deutschland gibt es viele Asylsuchende, die versuchen, einen legalen Weg zu einem besseren Leben zu finden. Einer von ihnen ist Ferit, ein kurdischer Musiker, der nun als Asylbewerber in Deutschland ist. Mit einem Kurzvisum für einen Musikauftritt bei einer Kulturorganisation einreisend, schildert er seine Zukunftspläne: „Ich will hier studieren und nur noch zu Familienbesuchen in die Türkei zurück“, erklärt der Mann am Telefon gegenüber „Zeit“.

Aufgrund der hohen Anforderungen für ein Studentenvisum entschied er sich für den Asylweg. Er wurde in einem Heim untergebracht, besucht einen Deutschkurs und erhält monatlich 413 Euro Unterstützung. Seit Kurzem arbeitet er im Dönerladen eines Landsmannes, was durch ein neues Gesetz der Bundesregierung ermöglicht wurde.

Heimbewohner raten Ferit: „Du musst deinen Pass wegwerfen, dann kann dich keiner abschieben“

Ferits Chancen auf Asyl sind jedoch gering, da ihm in der Türkei keine konkrete Verfolgung droht. Diese Tatsache ist ihm bewusst, doch er weiß, dass dies nicht das entscheidende Kriterium ist. Laut Bundesinnenministerium wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres lediglich 913 Menschen in die Türkei abgeschoben. Trotz gestiegener Rückführungszahlen im Vergleich zu den ebenfalls gestiegenen Zahlen der Ausreisepflichtigen bleibt der Anteil relativ gering.

„Du musst deinen Pass wegwerfen, dann kann dich keiner abschieben“, erklärt Ferit, basierend auf den Erfahrungen seiner Mitbewohner im Heim. Dort spricht man auch über finanzielle Hilfen für die freiwillige Rückkehr, die bis zu mehrere Tausend Euro betragen können. „Taschengeld“, nennt er diese Unterstützung wobei die Wartezeit darauf aufgrund der hohen Nachfrage derzeit bis zu zwölf Wochen beträgt.

Beratungsstellen berichten, dass auffällig viele Türken nach kurzer Zeit in Deutschland diese Hilfen beantragen – ein mögliches Indiz für Missbrauch des Programms. In der Türkei ist das Programm längst bekannt. Dort locken Medienberichte mit Schlagzeilen wie: „2.000 Euro für Rückkehrer, die nach Deutschland geflohen sind“.

Sogar Asylinfluencer raten von illegalen Einreisen ab: „Holt euch ein Visum“

Dabei ist es auch kein Problem, wenn ein potenzieller Asylbewerber nicht weiß, was er zu tun hat, um in Deutschland bleiben oder Geld bekommen zu können. Auf dem erfolgreichen Kanal Armii.tv finden sich zahlreiche Clips, die Menschen Schritt für Schritt durch den deutschen Bürokratiedschungel führen. Türken in Deutschland erklären als Asylinfluencer alles, was ein Migrant wissen sollte – und noch mehr.

Ein Video, das bereits über drei Millionen Mal angesehen wurde, zeigt beispielsweise, wie man durch das Sammeln von Pfandflaschen genug Geld verdienen kann, um sich ein Auto zu leisten. Ein TikToker erklärt dabei detailliert das Pfandsystem, das es in der Türkei nicht gibt. Viele Influencer machen mittlerweile deutlich: „Freunde, reist nicht illegal ein, sondern holt euch ein Visum.“

Das Problem: Seit vielen Monaten klagen Türken über abgelehnte Visumsanträge. Die Anträge haben laut Konsulatskreisen massiv zugenommen. Vielen bleibt nur die illegale Einreise. Laut Bundeskriminalamt wurden im letzten Jahr mehr als 35.000 illegale Grenzübertritte aus der Türkei verzeichnet. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zählte über 61.000 Asylbewerber im selben Zeitraum, und in den ersten acht Monaten dieses Jahres waren es bereits mehr als 20.000.

Previous article
Next article